Stand: 07.12.2023
Hintergrund
Bereits im Koalitionsvertrag zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP niedergelegt, hat die Regierung zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs vor, ein bundesweit einheitliches elektronisches Meldesystem, dass für die Erstellung, Prüfung und Weiterleitung von Rechnungen verwendet wird, einzuführen. In einem ersten Schritt soll zur Umsetzung dieses Vorhabens nun grundsätzlich ab 2025 eine verpflichtende elektronische Rechnungsstellung für B2B-Umsätze zwischen im Inland ansässigen Unternehmern umgesetzt werden. Konkret findet sich hierzu ein Entwurf im sog. Wachstumschancengesetz, das sich derzeit noch im Gesetzgebungsverfahren – aktuell im Vermittlungsausschuss – befindet.
Der aktuelle Gesetzesentwurf des Wachstumschancengesetzes greift der auf EU-Ebene ins Leben gerufenen Initiative „VAT in the Digital Age“ (kurz: ViDA) vor, die das Ziel hat, das Mehrwertsteuersystem in der EU zu modernisieren. Geplant ist danach u.a., dass die bislang verpflichtende Zusammenfassende Meldung für innergemeinschaftliche Lieferungen und Dienstleistungen im B2B-Bereich zukünftig ersetzt werden soll. An ihre Stelle sollen einheitliche Meldepflichten und eine Verpflichtung zur Fakturierung von e-Invoices treten. Für die finale Umsetzung steht allerdings noch die Zustimmung aller Mitgliedstaaten aus.
Verschiedene Mitgliedstaaten haben indes schon begonnen, eine Verpflichtung zur Fakturierung von e-Invoices einzuführen oder planen dies. Vorreiter ist Italien. Dort sind seit 2019 in Italien ansässige Unternehmen für B2B- und B2C-Umsätze verpflichtet, e-Invoices auszustellen und über einen zentralen Server der Finanzverwaltung an die Kunden zu versenden. Seit 2022 sind nun auch für Umsätze innerhalb der EU in Italien e-Invoices verbindlich. Rechnungen, die außerhalb der gesetzlichen Anforderungen ausgestellt werden, gelten in Italien als nicht ausgestellt und können zu einer Strafzahlung führen.
Was nun aktuell in Deutschland geplant ist, erfahren Sie im Folgenden:
Was ist unter dem Begriff „elektronische Rechnung“ zu verstehen?
Papier- und elektronische Rechnungen werden bisher in Deutschland mehr oder weniger gleichgestellt, wobei elektronische Rechnungen, in einem elektronischen Format übermittelt werden (§ 14 Abs. 1 UStG). Dies soll sich zukünftig ändern.
Ab dem 01.01.2025 soll es neue Definition der „elektronischen Rechnungen“ geben. Eine „elektronische Rechnung“ (eRechnung) ist „eine Rechnung, die in einem strukturierten elektronischen Format ausgestellt, übermittelt und empfangen wird und eine elektronische Verarbeitung ermöglicht“ (§ 14 Abs. 1 Satz 3 UStG-E). „Das strukturierte elektronische Format einer elektronischen Rechnung muss der europäischen Norm für elektronische Rechnungsstellung der der Liste der entsprechenden Syntaxen gemäß Richtlinie 2014/55/EU vom 16.04.2014 entsprechen“ (§ 14 Abs. 1 Satz 6 Nr. 1 UStG-E). Das bedeutet, zukünftig gelten strukturierte Datenformate, die der CEN-Norm 16931 entsprechen, als elektronische Rechnungen. Dies sind z.B. die Formate XRechnung oder ZUGFeRD. Zudem soll die Möglichkeit bestehen, dass Rechnungsaussteller und -empfänger das strukturierte elektronische Format vereinbaren, vorausgesetzt die nach dem UStG erforderlichen Angaben lassen sich richtig und vollständig in das Format extrahieren, das der o.g. europäischen Norm entspricht oder mit dieser interoperabel ist (§ 14 Abs. 1 Satz 6 Nr. 2 UStG-E).
Zu unterscheiden von der „elektronischen Rechnung“ wird die „sonstige Rechnung“ sein. Unter den Begriff der „sonstigen Rechnung“ fallen Papierrechnungen sowie Rechnungen, die in einem anderen elektronischen Format übermittelt werden (§ 14 Abs. 1 Satz 4 UStG-E). Eine beispielsweise per E-Mail versandte PDF-Rechnung gilt demnach zukünftig nicht mehr als elektronische Rechnung, sondern als „sonstige Rechnung“.
Wie bisher soll weiterhin für die elektronische Rechnungsstellung die Zustimmung des Empfängers für die Übermittlung elektronischer Rechnungen sowie sonstiger Rechnungen in elektronischem Format bestehen bleiben, ausgenommen davon aber jene Fälle, in denen verpflichtend elektronische Rechnungen zu erstellen sind (§ 14 Abs. 1 Satz 5 UStG-E).
Wer ist betroffen?
Unternehmer sind grundsätzlich berechtigt, eine Rechnung auszustellen, wenn sie eine Lieferung oder sonstige Leistung ausführen. Erbringen sie diese Leistung an einen anderen Unternehmer sind sie innerhalb von 6 Monaten ab Ausführung der Leistung zur Rechnungsstellung verpflichtet, wenn der Umsatz nicht steuerbefreit (§ 4 Nr. 8 bis 29 UStG) ist. An diesen Regelungen (vgl. § 14 Abs. 2 UStG) ändert sich im Rahmen des Wachstumschancengesetz nichts.
Neu ist hingegen die Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung. Diese betrifft B2B-Umsätze zwischen im Inland ansässigen Unternehmern (§ 14 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1, Abs. 2 Satz 3 UStG-E).
Ab wann gilt die Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung?
Die grundsätzliche Verpflichtung zur elektronischen Rechnung gilt ab dem 01.01.2025.
Aufgrund des zu erwartenden hohen Umsetzungsaufwands für Unternehmen sind stufenweise Übergangsregelungen (§ 27 Abs. 29 UStG-E) vorgesehen:
- Bis Ende 2026 dürfen für in den Jahren 2025 und 2026 ausgeführte B2B-Umsätze weiterhin Papierrechnungen oder eine per E-Mail versandte PDF-Rechnung – vorausgesetzt, der Rechnungsempfänger hat dem zugestimmt – verwendet werden.
- Bis Ende 2027 dürfen Unternehmer mit einem Vorjahresumsatz (Gesamtumsatz nach § 19 Abs. 3 UStG) von maximal 800.000 Euro für im Jahr 2027 ausgeführte B2B-Umsätze, weiterhin Rechnungen, die nicht dem neuen Format entsprechen, verwenden.
- Bis Ende 2027 besteht bei Überschreiten dieser Grenze die Möglichkeit, dass die Übermittlung mittels elektronischen Datenaustauschs (EDI) erfolgt.
- Ab 2028 sollen die neuen Anforderungen an elektronische Rechnungen und ihre Übermittlung zwingend einzuhalten sein.
Gibt es Ausnahmen von der Verpflichtung?
Kleinbetragsrechnungen (§ 33 UStDV-E, aktuell bei einem Rechnungsbetrag von maximal 250 Euro) und Fahrausweise (§ 34 UStDV-E) können weiterhin als „sonstige Rechnungen“ übermittelt werden.
Was gilt für den Rechnungsempfänger?
Wird von den o.g. Übergangsregelungen kein Gebrauch gemacht, müssten danach im Inland ansässige Rechnungsempfänger bereits ab dem 01.01.2025 in der Lage sein, elektronische Rechnungen nach den neuen Vorgaben zu empfangen und verarbeiten zu können.
Fazit
Die Einführung der elektronischen Rechnung ist der erste Schritt hin zu einem transaktionsbezogenen Meldesystems für nationale und grenzüberschreitende B2B-Umsätze. Auf nationaler Ebene wird die Verpflichtung zur elektronischen Rechnungsstellung Auswirkungen auf ausnahmslos alle im Inland ansässigen Unternehmer haben. Die „ViDA“-Initiative wird zudem alle Unternehmer betreffen, welche am innergemeinschaftlichen B2B-Waren- und Dienstleistungsverkehr teilnehmen.
Durch die stufenweise Einführung der elektronischen Rechnung auf nationaler Ebene in einem ersten Schritt wird die Digitalisierung im Unternehmen rasant vorangetrieben. Für Unternehmen bietet die elektronische Rechnung damit große Chancen, wobei die Umsetzung dahin für viele ein Kraftakt werden wird. Die elektronische Rechnung wird die Effizienz im Unternehmen steigern, Kosten reduzieren und die Zusammenarbeit zwischen Steuerabteilung und anderen Abteilungen fördern. Geschäftsprozesse werden mehr und mehr automatisiert abgewickelt, administrative Vorgänge werden weniger fehleranfällig. Strukturierte Rechnungsdaten können unmittelbar elektronisch ausgewertet und verarbeitet werden. Gleichzeitig müssen allerdings die Herausforderungen des Datenmanagements, der Implementierung neuer Technologie und der Einhaltung der steuerlichen Vorschriften bewältigt werden. Der Zeit- und Ressourcenaufwand für die Umstellung wird oftmals erheblich sein. Es wird regelmäßig eine langfristige Planung zur Umsetzung der elektronischen Rechnungsstellung im Unternehmen erforderlich sein. Von daher ist es bereits jetzt sinnvoll – wenn nicht schon geschehen –, den Prozess zur Umsetzung anzustoßen und aktiv erste Maßnahmen zur Einführung der elektronischen Rechnung im Unternehmen zu ergreifen und einzuleiten.
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