RECHNUNGSBERICHTIGUNGEN
RECHNUNGSBERICHTIGUNGEN ein Dauerbrenner im Umsatzsteuerrecht

Rechnungen haben im Umsatzsteuersystem grundsätzlich eine sehr hohe Bedeutung für die Ausübung des Rechts auf Vorsteuerabzug. Die Rechnung ist das Dokument, mit dem ein Unternehmer, der den Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen möchte, nachweist, dass ein anderer Unternehmer eine steuerpflichtige Leistung an ihn erbracht hat. Die Rechnung wird deshalb manchmal mit einem Scheck zulasten der Staatskasse über den Umsatzsteuerbetrag verglichen (Prätzler in Birkenfeld/Wäger, § 14 Abs. 1 UStG Rz. 25).

Eine vollständige Rechnung, die zum Vorsteuerabzug berechtigt, muss – EU-weit großenteils vereinheitlicht – zahlreiche Merkmale aufweisen. Spötter behaupten gar, jeder Mitgliedstaat habe seinen Lieblings-Rechnungsbestandteil einbringen können. Die Angaben, die eine Rechnung enthalten muss, sollen es den Steuerverwaltungen ermöglichen, die Entrichtung der geschuldeten Steuer und das Bestehen des Vorsteuerabzugsrechts zu kontrollieren. Fehlt einer dieser Rechnungsbestandteile oder ist er falsch, berechtigt die Rechnung nicht zum Vorsteuerabzug. Das gilt auch dann, wenn der Rechnungsempfänger die Angabe gar nicht auf Richtigkeit überprüfen kann, z.B. die Steuernummer oder USt-IdNr. des Ausstellers.

Fehlende oder unrichtige Rechnungsangaben können ergänzt oder berichtigt werden. Eine Berichtigung kann dadurch erfolgen, dass der Rechnungsaussteller die ursprüngliche Rechnung storniert und eine Neuausstellung der Rechnung vornimmt. Ausreichend ist aber ein Dokument, das die fehlenden oder zu berichtigenden Angaben enthält. In jedem Fall aber muss das berichtigende Dokument auf die ursprüngliche, unrichtige oder unvollständige Rechnung Bezug nehmen unter Angabe der Rechnungsnummer und des Ausstellungsdatums, und den Hinweis auf Berichtigung, Ergänzung oder Ersetzung enthalten. 

Nach früherer Auffassung war der Rechnungsempfänger erst zum Vorsteuerabzug berechtigt, sobald ihm die Ergänzung oder Berichtigung vorlag. Nach neuerer Rechtslage kann eine fehlerhafte oder unvollständige Rechnung auch mit Rückwirkung auf den Zugangszeitpunkt des ursprünglichen Dokuments berichtigt oder ergänzt werden, sofern dieses Dokument bestimmte Mindestanforderungen erfüllt. Ein Dokument ist dann eine rückwirkend berichtigungsfähige Rechnung, wenn es Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthält. Hierfür reicht es aus, dass die Rechnung diesbezügliche Angaben enthält und die Angaben nicht in so hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend sind, dass sie fehlenden Angaben gleichstehen. Sind diese Anforderungen erfüllt, entfaltet eine Rechnungsberichtigung immer Rückwirkung.

Als Angabe zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer erkennt die Finanzverwaltung auch den Hinweis auf eine – fälschlich angenommene – Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers gem. § 13b Abs. 2 und 5 UStG an (BMF-Schreiben vom 18.09.2020, Rz. 23). Das gilt aber nur bei Inlands-Sachverhalten (sog. Domestic Reverse Charge). Gehen die Beteiligten aber davon aus, dass die abgerechnete Leistung als im übrigen Gemeinschaftsgebiet – oder auch im Drittland – erbracht gilt und dort der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers unterliegt, gilt dies nicht, wie der BFH im Urteil vom 07.07.2022 V R 33/20, DStR 2022, 2154 entschieden hat. Denn es handelt sich dann nicht um einen inländischen Steuerausweis bzw. eine inländische Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers. Eine solche Rechnung ist, so der BFH, nicht mit Rückwirkung berichtigungsfähig. Das muss genauso gelten, wenn unrichtig mit offen ausgewiesener ausländischer Mehrwertsteuer abgerechnet wird.

Das FG München hat in seinem Urteil vom 01.09.2021 – 3 K 1850/19, EFG 2021 S. 2092, rechtskräftig bestätigt, dass die Nennung des vollständigen Namens und der Adresse des Leistungsempfängers eine fundamentale Angabe eines jeden Abrechnungspapiers darstellt, so dass eine rückwirkende Berichtigung einer in dieser Hinsicht fehlerhaften Rechnung nicht in Betracht kommt. Die Angabe eines Unternehmers, der nicht der tatsächliche Leistungsempfänger ist, ist eine offensichtlich unzutreffende Angabe, die nicht rückwirkend berichtigt werden kann. Wird nachträglich eine in dieser Hinsicht „berichtigte” Rechnung erstellt, dann handelt es sich um die erstmalige Erstellung dieser „richtigen” Rechnung. Leistungsempfänger im Sinne des Umsatzsteuerrechts ist grundsätzlich derjenige, der aus dem der Leistung zugrunde liegenden Rechtsverhältnis (Schuldverhältnis) als Auftraggeber berechtigt und verpflichtet ist. Genau diese Aussage verdeutlich die Bedeutung der Nennung des richtigen Leistungsempfängers in der Rechnung. Zu ergänzen ist, dass dies ebenso für die Nennung des zutreffenden leistenden Unternehmers gilt.

Insbesondere wenn mehrere Rechtspersönlichkeiten unter einer Adresse ansässig sind und dann auch noch personelle Verflechtungen zwischen diesen Rechtssubjekten bestehen, muss aus den jeweiligen Abrechnungspapieren eindeutig hervorgehen, wer bei einer konkreten Leistung deren Empfänger ist. Ansonsten wären diese Rechnungen beliebig austauschbar und u.U. auch – versehentlich oder absichtlich – mehrfach zur Erlangung des Vorsteuerabzugs einsetzbar, ohne dass dieses groß auffallen würde. Jedenfalls würde das Wegfallen dieses Rechnungserfordernisses die Überprüfbarkeit durch die Finanzbehörden deutlich erschweren, so das Gericht.

Geachtet werden muss auch auf die Angabe des zutreffenden Rechtsformzusatzes, insbesondere dann, wenn unter der Adresse mehrere Gesellschaften mit ähnlicher Firma ansässig sind. Im Urteil vom 20.10.2016 V R 54/14 hat der BFH offen gelassen, ob aus dem Verzicht auf einen Rechtsformzusatz oder der Verwendung eines falschen Rechtsformzusatzes folgt, dass die Angaben zum Leistungsempfänger unzutreffend sind, und wie es sich diesbezüglich auswirkt, wenn unter der angegebenen Postanschrift eine Schwestergesellschaft mit einem ähnlichen Namen ansässig ist. Abschließend entschieden sind diese Fragen bis heute nicht.

Nicht eingehen musste das FG München auf die Seite der leistenden Unternehmer, die Rechnungen an Empfänger ausgestellt hatten, die nicht die zutreffenden Leistungsempfänger waren. Denn diese schulden die Umsatzsteuer zweimal: zum einen für die tatsächlich ausgeführte Leistung an den zutreffenden Leistungsempfänger, über die keine Rechnung ausgestellt wurde, zum anderen gem. § 14c Abs. 2 UStG für das Ausstellen einer Rechnung über eine Leistung, die tatsächlich an einen anderen als an den in der Rechnung bezeichneten Leistungsempfänger ausgeführt wird (vgl. Meurer in Birkenfeld/Wäger, § 14c UStG Rz. 212 f.). Die Berichtigung einer solchen Rechnung ist gem. § 14c Abs. 2 Sätze 3 – 5 UStG nur unter erschwerten Voraussetzungen, mit Zustimmung des Finanzamtes und keinesfalls rückwirkend möglich. Dies wird in der Praxis oft nicht beachtet.

Dipl.-Betriebswirt (FH) Wendelin Liebgott
Steuerberater
Standort: Dillingen
W+ST Wirtschaftsprüfung AG & Co. KG
Münchener Straße 1
66763 Dillingen
Telefon: 06831 / 762 - 0
Diesen Beitrag teilen auf: