Das deutsche Insolvenzrecht wurde kürzlich um zwei wichtige Gesetze reformiert: Das Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts.
Verkürzung der Restschuldbefreiung
Mit dem Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens wird überschuldeten Unternehmerinnen und Unternehmern sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern ein schnellerer Neuanfang ermöglicht. Die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf drei Jahre statt wie bisher im Regelfall sechs Jahre sorgt dafür, dass Betroffene schneller wieder aktiv am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teilhaben können. Mit diesem Gesetz werden Vorgaben der europäische Restrukturierungs- und Insolvenzrichtlinie (EU 2019/1023) umgesetzt. Die Regelungen zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens werden über die Vorgaben der Richtlinie hinaus nicht nur für unternehmerisch tätige Schuldner gelten, sondern, wie von der Richtlinie empfohlen, auch für Verbraucherinnen und Verbraucher. Eine Befristung der Einbeziehung von Verbraucherinnen und Verbraucher ist – anders als im Regierungsentwurf – nicht mehr vorgesehen. Die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens auf drei Jahre wird rückwirkend auch für alle Insolvenzverfahren gelten, die ab dem 01.10.2020 beantragt wurden. Damit können auch diejenigen Schuldner bei einem wirtschaftlichen Neuanfang unterstützt werden, die durch die Covid-19-Pandemie in die Insolvenz geraten sind. Für Insolvenzverfahren, die im Zeitraum vom 17.12.2019 bis einschließlich 30.09.2020 beantragt wurden, wird das derzeit sechsjährige Verfahren monatsweise verkürzt. Anders als bislang wird es künftig für eine Restschuldbefreiung nach drei Jahren nicht mehr erforderlich sein, dass die Schuldner ihre Verbindlichkeiten in einer bestimmten Höhe tilgen. Allerdings müssen Schuldner auch weiterhin bestimmten Pflichten und Obliegenheiten nachkommen, um eine Restschuldbefreiung erlangen zu können, z.B. einer Erwerbstätigkeit nachgehen oder sich um eine solche bemühen. Darüber hinaus werden die Schuldner in der sog. „Wohlverhaltensphase“ stärker zur Herausgabe von erlangtem Vermögen herangezogen. Außerdem wird ein neuer Grund zur Versagung der Restschuldbefreiung geschaffen, wenn in der Wohlverhaltensphase unangemessene Verbindlichkeiten begründet werden.
Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetzes (SanInsFoG)
Mit dem vom Bundestag am 17.12.2020 angenommenen Regierungs-Entwurf des Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetzes (SanInsFoG) wird einerseits eine EU-Richtlinie umgesetzt (Richtlinie (EU) 2019/1023 vom 20.6.2019), andererseits den wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie begegnet. Kernstück der Reform ist das neue „Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen“ (StaRUG), das ein neues, im Wesentlichen außergerichtliches und vom Unternehmen selbstverantwortlich geführtes Sanierungsverfahren einführt. Es möchte die makelbehaftete Insolvenz für möglichst viele Betriebe verhindern. Zugang zum Sanierungskonzept des Restrukturierungsrahmens erhalten nur Unternehmen, die drohend zahlungsunfähig sind. Bislang sind außergerichtliche Sanierungsversuche in diesem Stadium oft daran gescheitert, dass dem Geschäftsführer zum einen die dreiwöchige Insolvenzantragsfrist im Nacken saß und zum anderen nicht ausnahmslos alle Gläubiger überzeugt werden konnten, aber Einstimmigkeit gefordert war. Der Restrukturierungsrahmen bietet nun die Möglichkeit zur Unternehmensrettung, wenn nur 75 % der Gläubiger pro Gruppe, gemessen an der Forderungshöhe (nicht nach Köpfen) mitmachen. Der Restrukturierungsrahmen beginnt mit der Anzeige des Restrukturierungsvorhabens bei Gericht. Er ist nicht durchdekliniert und formell wie das Insolvenzverfahren, sondern erlaubt es der Geschäftsleitung, sehr individuell abgestimmt auf die Unternehmensbedürfnisse bestimmte Maßnahmen einzuleiten oder auch nicht. Umgestaltet werden können beispielsweise Forderungen, Absonderungsanwartschaften, Anteils- oder Mitgliedschaftsrechte. Es ist möglich gegenseitige Verträge anzupassen und Vollstreckungsmaßnahmen gerichtlich bis zu drei Monate lang vorübergehend zu stoppen. Unantastbar sind jedoch Lohn- und Gehaltsansprüche und betriebliche Altersvorsorgen. Der Schuldner muss die Krisenanzeichen frühzeitig erkennen, Gläubigerinteressen wahren und dann sehr gründlich einen umfassenden Restrukturierungsplan erstellen, in dem er u.a. die aktuelle Situation des Unternehmens aufzeigt, die Planbetroffenen benennt, sie je nach Rechtsstellung in Gruppen einteilt und die Rettungsmaßnahmen beschreibt, die den Betrieb nachvollziehbar vor der Pleite bewahren sollen. Stimmen alle Gläubiger dem Restrukturierungsplan zu, kann er ohne gerichtliche Einbeziehung umgesetzt werden. Wenn die Mehrheit zustimmt, wird der Plan dem Gericht vorgelegt, das ihn mit Wirkung auch für die ablehnenden Gläubiger bestätigen kann. Der Plan muss dann wie vorgezeigt umgesetzt werden. Das Gericht kann einen neutralen Restrukturierungsbeauftragten oder einen Gläubigerbeirat zur Überwachung und Prüfung einsetzen.