Bundestag und Bundesrat haben das Gesetz zur Umsetzung der EU-Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union verabschiedet. Das Gesetz ist mit Wirkung zum 01.08.2022 in Kraft getreten und bringt insbesondere zahlreiche arbeitsrechtliche Änderungen im Nachweisgesetz mit sich.
Das Nachweisgesetz verlangt vom Arbeitgeber, dass er dem Arbeitnehmer die wesentlichen Arbeitsbedingungen schriftlich mitteilt, was bedeutet, dass die Mitteilung (Nachweis) vom Arbeitgeber unterschrieben sein muss. Bei diesem Nachweis handelt es sich – im Unterschied zu einem zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber abgeschlossenen Arbeitsvertrag – nur um eine einseitige Wissenserklärung des Arbeitgebers und begründet selbst keine Rechte und Pflichten.
Unter dem bis zum 31.07.2022 geltenden Nachweisgesetz mussten die Arbeitgeber spätestens bis einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses die folgenden Punkte schriftlich nachweisen; wobei dies auch im Arbeitsvertrag direkt erfolgen konnte und auch praktisch so meist umgesetzt wurde.
- Name und Anschrift der Vertragsparteien
- Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses
- Dauer des Arbeitsverhältnisses bei Befristung
- Arbeitsort
- Bezeichnung oder Beschreibung der Tätigkeit
- Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts
- Arbeitszeit
- Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs
- Kündigungsfristen
- allgemeiner Hinweis auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anwendbar sind.
Sanktionen bei einem Verstoß gegen diese Verpflichtung sah das Gesetz nicht vor.
Mit Wirkung ab dem 01.08.2022 werden gegenüber neueingestellten Arbeitnehmern zukünftig zusätzlich noch die folgenden Punkte nachgewiesen werden müssen:
- Enddatum des Arbeitsverhältnisses
- ggf. freie Wahl des Arbeitsorts durch den Arbeitnehmer
- sofern vereinbart, die Dauer der Probezeit
- die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung
- die vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und die Voraussetzungen für Schichtänderungen
- bei Arbeit auf Abruf neben der Vereinbarung, dass Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen ist, die Zahl der zu vergütenden Mindeststunden, der jeweilige Zeitrahmen und die Frist für die Anordnung der Lage der Arbeitszeit im Voraus durch den Arbeitgeber
- sofern vereinbart, die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen
- ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung
- wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersversorgung über einen Versorgungsträger zusagt, der Name und die Anschrift des Versorgungsträgers; die Nachweispflicht entfällt, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist
- das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage;
- § 7 KSchG ist auch bei einem nicht ordnungsgemäßen Nachweis der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage anzuwenden.
Eine wesentliche Neuerung ist insbesondere, dass hinsichtlich der Angaben zur Kündigung zusätzlich zur bereits bislang anzugebenden Kündigungsfrist nunmehr auch das (für Arbeitgeber und Arbeitnehmer) beim Ausspruch einer Kündigung „einzuhaltende Verfahren“ festzuhalten ist. Der Gesetzgeber lässt jedoch offen, was er unter dem Begriff „einzuhaltendes Verfahren“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 14 NachwG versteht. Muss der Arbeitgeber neben den ausdrücklich in der Norm genannten Hinweisen auch auf das Beteiligungsrecht des Betriebsrats gemäß § 102 BetrVG hinweisen? Hat er den Arbeitnehmer über einen möglicherweise bestehenden besonderen Kündigungsschutz im Rahmen von Mutterschutz/Elternzeit oder Schwerbehinderung zu informieren? Es bleibt aber abzuwarten, was die Rechtsprechung zum Umfang der Hinweispflicht des Arbeitgebers über das „einzuhaltende Verfahren“ im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 14 NachwG sagt.
Zu beachten ist, dass die wesentlichen Arbeitsbedingungen – wie eingangs erwähnt – auch weiterhin schriftlich niederzulegen sind. Die elektronische Form bleibt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 NachweisG ausgeschlossen, obwohl die EU-Arbeitsbedingungenrichtlinie ausdrücklich die elektronische Form zulässt.
Die bisherige Frist zur Abfassung der wesentlichen Arbeitsbedingungen von einem Monat nach Aufnahme der Tätigkeit wird nunmehr deutlich verkürzt. Folgende Fristen sind für den Nachweis der Arbeitsbedingungen bei Neueinstellungen ab dem 01.08.2022 zu beachten:
- Bis spätestens am ersten Kalendertag der Arbeitsleistung muss der Arbeitgeber dem Mitarbeiter die Niederschrift über die Angaben zu Namen und Anschrift der Vertragsparteien, Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsentgelts sowie vereinbarter Arbeitszeit aushändigen.
- Bis spätestens am siebten Kalendertag nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitgeber die Angaben insbesondere über den Beginn des Arbeitsverhältnisses, die vereinbarte Befristung mit Enddatum, die vereinbarte Probezeit, Arbeitsort, Tätigkeitsbeschreibung sowie Überstundenanordnung niederzuschreiben und dem Arbeitnehmer auszuhändigen.
- Für die übrigen Arbeitsbedingungen gilt weiterhin die Monatsfrist.
Bei vor dem 01.08.2022 abgeschlossenen Arbeitsverträgen ist hingegen keine Anpassung notwendig. Allerdings sind Arbeitgeber verpflichtet, jedem Arbeitnehmer auf dessen Verlangen hin jeweils innerhalb von sieben Tagen die erforderlichen Nachweise schriftlich durch eine Nachweisdokument auszuhändigen.
Ändern sich die wesentlichen Arbeitsbedingungen in bestehenden Arbeitsverhältnissen, dann muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer spätestens am Tag der Änderung unterrichtet haben. Gesetzesänderungen oder Änderungen in Tarifverträgen oder Betriebs- oder Dienstvereinbarungen müssen weiterhin nicht schriftlich angezeigt werden.
Erstmalig werden Verstöße gegen das Nachweisgesetz nun als Ordnungswidrigkeiten klassifiziert und können demnach mit Geldbußen bis zu 2.000 EUR pro Verstoß geahndet werden. Ordnungswidrig handeln Arbeitgeber hiernach, wenn sie ihrer Nachweispflicht entweder überhaupt nicht, nicht richtig, in der falschen Form, unvollständig oder nicht rechtzeitig nachkommen. Einzelheiten hierzu bedürfen noch der Klärung durch die zuständigen Bußgeldstellen.
66763 Dillingen